Strukturreform in der beruflichen Vorsorge: Verordnungen in der Vernehmlassung

Bern, 24.11.2010 - Der Bundesrat hat die Verordnungen zur Umsetzung der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge in die Vernehmlassung geschickt. Diese dauert bis zum 28. Februar 2011. Die Reform stärkt die Aufsicht, stellt strengere Anforderungen an die Akteure in der 2. Säule und erhöht die Transparenz bei der Verwaltung von Pensionskassen, womit sie zur Verhinderung von Missbräuchen beiträgt. Die Strukturreform antwortet damit auch auf Anliegen, die im Vorfeld der Eidgenössischen Volksabstimmung zum Umwandlungssatz vom 7. März 2010 geäussert wurden.

Am 19. März 2010 hat das Parlament die Strukturreform in der beruflichen Vorsorge (Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge BVG) verabschiedet. Zu ihrer Umsetzung werden zwei Verordnungen angepasst: die Verordnung über die Aufsicht in der beruflichen Vorsorge (BVV1) und die Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV2). Zudem wurde die neue Verordnung über die Anlagestriftungen (ASV) geschaffen. Die Strukturreform umfasst im Wesentlichen drei Themenkreise.

Schärfere Vorschriften für Akteure und Verwaltung von Vorsorgeeinrichtungen

Mit der Strukturreform wurden die Bestimmungen betreffend Governance und Transparenz im BVG verschärft. Die entsprechenden Bestimmungen werden durch die Anpassung der BVV2 präzisiert. Neu werden an die Integrität und Loyalität aller mit der Verwaltung einer Vorsorgeeinrichtung oder deren Vermögen betrauten Personen konkrete Anforderungen gestellt (guter Ruf, einwandfreie Geschäftstätigkeit, Vermeidung von Interessenskonflikten). Zudem müssen Rechtsgeschäfte, welche die Vorsorgeeinrichtungen mit Nahestehenden abschliessen, offengelegt und von der Revisionsstelle geprüft werden. Weiter wird vorgeschrieben, dass Vermögensvorteile, die Personen und Institutionen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit für die Vorsorgeeinrichtung von Dritten erhalten, zwingend an die Vorsorgeeinrichtung abgeliefert werden müssen. Verboten werden neben dem sogenannten Front Running auch das Parallel und After Running (Nutzung von Insiderwissen aus der Tätigkeit für Vorsorgeeinrichtungen bei Börsengeschäften). Die Verwaltungskosten müssen in der Jahresrechnung detaillierter als bisher ausgewiesen werden. Um den Governance-Bestimmungen Nachdruck zu verleihen, sind auch die Strafbestimmungen im BVG entsprechend ergänzt worden.

Die Aufgaben der Revisionsstelle, des Experten für berufliche Vorsorge und des obersten Organs von Vorsorgeeinrichtungen werden klarer umschrieben. Diese wichtigen Akteure werden damit stärker in die Pflicht genommen.

Aufsicht wird kantonalisiert und professionalisiert

Die heutige Direktaufsicht des Bundesamtes für Sozialversicherungen über Vorsorgeeinrichtungen mit nationalem oder internationalem Charakter geht an die Kantone über. Die Oberaufsicht wird neu von einer unabhängigen Oberaufsichtskommission wahrgenommen, die ein professionelles Sekretariat erhält. Aufgabe der Kommission ist es, für eine einheitliche Aufsichtspraxis und die Stabilität des Systems der 2. Säule zu sorgen. Es gibt somit keine Aufsicht des Bundes mehr. Die kantonalen Aufsichtsbehörden müssen neu verwaltungsunabhängig in der Form einer öffentlich-rechtlichen Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestaltet werden. Die Strukturreform dürfte die Entwicklung hin zu regionalisierten Aufsichtsstrukturen weiter fördern. Bereits heute bestehen zwei Aufsichtskonkordate (Ostschweiz, Zentralschweiz), weitere sind geplant. Diese strukturellen Änderungen bedingen eine Vielzahl von Anpassungen der BVV1.

Regelungen für Anlagestiftungen in der beruflichen Vorsorge

Durch die Strukturreform werden die Anlagestiftungen erstmals gesetzlich erfasst. Die neue Verordnung über die Anlagestiftungen (ASV) regelt entsprechend den zugelassenen Anlegerkreis, die Äufnung und Verwendung des Vermögens, dessen Anlage, die Buchführung, Rechnungslegung und Revision, die Rechte der Anleger sowie organisatorische Aspekte. Die Bestimmungen orientieren sich im Wesentlichen an der bestehenden Praxis. Die Anlagestiftungen werden von der Oberaufsichtskommission beaufsichtigt.

Gestaffelte Inkraftsetzung

Die Governance- und Transparenzbestimmungen sollen am 1. Juli 2011 in Kraft treten, die Bestimmungen zur neuen Aufsichtsstruktur und die neue Verordnung über Anlagestiftungen am 1. Januar 2012. Ab diesem Zeitpunkt wird auch die Oberaufsichtskommission ihre Arbeit aufnehmen.


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Tel. 031 322 90 57, Martin Kaiser, stellvertretender Direktor, Leiter des Geschäftsfeldes Alters- und Hinterlassenenvorsorge



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