Grosse Differenz zwischen den Altersrenten von Frauen und Männern
Bern, 12.07.2016 - Die Renten der Frauen in der Schweiz sind im Durchschnitt 37 Prozent tiefer als die der Männer. Das entspricht fast 20 000 Franken pro Jahr. Damit liegt die Schweiz leicht unter dem EU-Durchschnitt von 40 Prozent. Dies zeigt eine heute publizierte Studie des Bundesamtes für Sozialversicherungen und des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung. Sie bekräftigt die bereits ergriffenen Massnahmen der letzten Jahre, Frauen stärker in den Arbeitsmarkt einzubinden und Benachteiligungen gegenüber den Männern zu beseitigen.
Erstmals wurden in der Schweiz die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Altersrenten systematisch und vollständig untersucht. Dabei zeigt sich, dass der sogenannte Gender Pension Gap (GPG) in der Schweiz mit 37 Prozent dem europäischen Durchschnitt (40 %) entspricht. Die Studie benennt mehrere Faktoren, die das Rentengefälle zwischen Männern und Frauen beeinflussen, wie die Rollenteilung bei Ehepaaren und Familien, die Stellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, aber auch die Veränderungen im Vorsorgesystem.
Betrachtet man die einzelnen Sozialwerke, so zeigen sich grosse Unterschiede. In der AHV liegt das Rentengefälle unter 3 Prozent. In der beruflichen Vorsorge dagegen beträgt das Gefälle über 60 Prozent. Grund dafür sind die unterschiedlichen Erwerbsbiografien von Frauen und Männern. Die untersuchte Rentnergeneration (Personen, die zwischen 2002 und 2012 pensioniert wurden) lebte hauptsächlich nach der traditionellen Aufgabenteilung, bei der die Männer als Ernährer voll berufstätig waren und die Frauen sich um Haushalt und Kinder kümmerten und deswegen nicht oder nur geringfügig berufstätig waren. Wegen der oft kürzeren Dauer und des geringen Umfangs der Erwerbstätigkeit dieser Frauen hatten sie deshalb entsprechend viel tiefere individuelle Vorsorgeleistungen als die Männer. Hinzu kommt, dass Frauen bis 1995 ihr Vorsorgekapital bei Heirat vorzeitig beziehen konnten, was deren Rentenansprüche ebenfalls reduziert hat.
Ein ähnliches Gefälle zeigt sich auch zwischen verheirateten Frauen und Männern: Es ist markant grösser (47 %) als bei Geschiedenen und bei Verwitweten (28 %). Kein Unterschied konnte bei den ledigen Personen festgestellt werden.
Wichtige familienergänzende Kinderbetreuung
Wenn Frauen und Männer die gleichen Möglichkeiten haben, sich beruflich zu engagieren, wird sich das Rentengefälle verringern. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass ihnen genügend Betreuungsplätze für Kinder zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung stehen. Mit diesem Ziel führt der Bund seit dreizehn Jahren ein Impulsprogramm, das die Schaffung von neuen Einrichtungen für familienergänzende Kinderbetreuung fördert. Dank dieses Programms konnten bisher 50 000 neue Betreuungsplätze geschaffen werden. Ende Juni 2016 hat der Bundesrat zudem die Botschaft für zusätzliche Finanzhilfen ans Parlament überwiesen, mit dem Ziel, die Betreuungskosten für die Eltern zu senken und das Angebot an die Bedürfnisse der Eltern anzupassen.
Altersvorsorge 2020 mit zusätzlichen Verbesserungen
Eines der Ziele der zurzeit im Parlament hängigen Reform «Altersvorsorge 2020» ist die Verbesserung der Situation von Frauen. Die Reform soll die Schwächen des heutigen Systems korrigieren. In der obligatorischen beruflichen Vorsorge sind für einen besseren Vorsorgeschutz von Teilzeitbeschäftigten und Personen mit tiefen Löhnen Massnahmen vorgesehen.
Die institutionellen Reformmassnahmen werden dazu beitragen, die Unterschiede bei den Renten zwischen Frauen und Männern schrittweise zu reduzieren. Um die Unterschiede vollständig zu beseitigen, reichen die Massnahmen alleine jedoch nicht aus. Es müssen noch tiefergreifende Veränderungen in Betracht gezogen werden, um dem in Unternehmen und Gesellschaft vorherrschenden stereotypen Rollenbild entgegenzuwirken.
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Colette Nova, Vizedirektorin BSV
Leiterin Geschäftsfeld AHV, Berufliche Vorsorge und Ergänzungsleistungen
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