Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose: Botschaft verabschiedet

Bern, 30.10.2019 - Der Bundesrat hat am 30. Oktober 2019 die Botschaft und den Entwurf für ein neues Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose verabschiedet. Damit will er eine Lücke in der sozialen Sicherheit schliessen. Personen, die nach dem 60. Altersjahr von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert werden, sollen bis zur ordentlichen Pensionierung eine Überbrückungsleistung (ÜL) erhalten, wenn sie in erheblichem Umfang erwerbstätig waren und nur wenig Vermögen besitzen. Der Vorschlag ist in der Vernehmlassung auf ein mehrheitlich positives Echo gestossen.

Personen, die kurz vor dem Rentenalter ihre Stelle verlieren, haben grössere Schwierigkeiten, im Arbeitsmarkt wieder Fuss zu fassen als jüngere Personen. Wenn sie keine neue Stelle finden und ihren Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung verlieren, müssen sie ihr Vermögen aufbrauchen, ihre AHV-Rente vorbeziehen und häufig auch ihre Altersguthaben aus der zweiten und der dritten Säule antasten, bevor sie schliesslich Sozialhilfe erhalten. Immer mehr Menschen sind in den vergangenen Jahren in diese schwierige Situation geraten: Die Sozialhilfequote der 60- bis 64-Jährigen ist von 2011 bis 2017 um 47 Prozent gestiegen, mehr als in allen anderen Alterskategorien.

Um die Arbeitsmarktfähigkeit älterer Personen zu verbessern und das inländische Arbeitskräftepotenzial zu fördern, haben sich der Bundesrat und die Sozialpartner auf ein Massnahmenpaket geeinigt: kostenlose Standortbestimmung, Potenzialanalyse und Laufbahnberatung für Erwachsene über 40; Anrechnung bereits vorhandener berufsspezifischer Kenntnisse in der beruflichen Grundbildung; zusätzliche Integrationsmassnahmen wie Coaching, Beratung und Mentoring; Zugang für ausgesteuerte Personen über 50 zu Bildungs- und Beschäftigungsmassnahmen der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren ohne zweijährige Sperrfrist. Gelingt der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt trotzdem nicht, sollen die neuen ÜL einen gesicherten Übergang in die Pensionierung ermöglichen.

Voraussetzungen für Überbrückungsleistungen

Für den Anspruch auf ÜL müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung (ALV) nach dem vollendeten 60. Altersjahr. Diese Bedingung erfüllen Personen, die mit 58 Jahren oder später ihre Stelle verloren und die Mindestbeitragszeit von 22 Monaten in die ALV erfüllt haben;
  • Mindestens 20 Jahre Versicherung in der AHV, in denen ein Erwerbseinkommen von minimal 21 330 Franken pro Jahr (entspricht 75 Prozent der maximalen AHV-Altersrente und der Eintrittsschwelle in die berufliche Vorsorge) erzielt worden ist. Erziehungs- und Betreuungsgutschriften oder in der Ehe zugesplittete Einkommen werden nicht berücksichtigt;
  • Das minimale Erwerbseinkommen von 21 330 Franken muss in den 15 Jahren unmittelbar vor der Aussteuerung während mindestens 10 Jahren erzielt worden sein. So können auch Personen, die vor der Aussteuerung krank geworden sind oder Erwerbsunterbrüche hatten, Anrecht auf Überbrückungsleistungen haben;
  • Das Vermögen muss kleiner sein als 100 000 Franken, respektive 200 000 Franken bei Ehepaaren. Das entspricht der Vermögensschwelle, die das Parlament auch bei den Ergänzungsleistungen beschlossen hat. Selbstbewohntes Wohneigentum wird nicht berücksichtigt, hingegen Einkäufe in die berufliche Vorsorge, die Rückzahlung von Vorbezügen aus der beruflichen Vorsorge oder von Hypotheken, wenn sie innerhalb von drei Jahren vor der Aussteuerung getätigt worden sind. Damit soll verhindert werden, dass Vermögenswerte verschoben werden, um die Vermögensschwelle zu unterschreiten;
  • Keine Rente der Invalidenversicherung und auch kein Vorbezug der AHV-Altersrente.

Berechnung der Überbrückungsleistung

ÜL werden gleich berechnet wie Ergänzungsleistungen (EL). Ihre Höhe entspricht der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen. Es gibt allerdings zwei Abweichungen zu den EL:

  • Die Pauschale für den allgemeinen Lebensbedarf wird um 25 Prozent heraufgesetzt. Das sind aktuell 24 310 Franken (19 450 x 1,25), respektive 36 470 Franken (29 175 x 1,25) für Ehepaare. Mit dem Zuschlag werden die Krankheits- und Behinderungskosten abgegolten, die bei den EL separat vergütet werden.
  • Die ÜL beträgt maximal das Dreifache des Betrags für den allgemeinen Lebensbedarf bei den EL. Das sind aktuell 58 350 Franken (19 450 x 3), respektive 87 525 Franken (29 175 x 3) für Ehepaare. Grund dafür ist, dass ÜL-Beziehende einen Anreiz haben sollen, weiter nach einer Erwerbsmöglichkeit zu suchen.

Kosten und Finanzierung

In den vergangenen Jahren wurden im Durchschnitt jährlich rund 2600 Personen im Alter von 60 und mehr Jahren ausgesteuert. Unter Berücksichtigung der Anspruchsvoraussetzungen werden nach der Einführungsphase im Durchschnitt schätzungsweise etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf eine ÜL haben. Die Kosten der ÜL belaufen sich auf 30 Millionen Franken im Jahr 2021, steigen in den Folgejahren und betragen 230 Millionen im Jahr 2030. Dem stehen Einsparungen bei den EL von zu Beginn 20 Millionen, später von mehr als 30 Millionen Franken pro Jahr gegenüber. Die ÜL werden vom Bund finanziert. Die Einsparungen bei den EL kommen zu fünf Achteln dem Bund, zu drei Achteln den Kantonen zugute. Kantone und Gemeinden profitieren zudem von Einsparungen bei der Sozialhilfe.

Kaum negative Auswirkungen auf Erwerbsbeteiligung und Beschäftigung

Das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV hat untersuchen lassen, welche Anreize sowie gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen die Überbrückungsleistungen auslösen könnten. Gemäss dieser Studie ist nicht zu befürchten, dass sich ältere Arbeitslose weniger um eine Integration in den Arbeitsmarkt bemühen oder dass Arbeitgeber vermehrt ältere Mitarbeitende sozusagen «in die ÜL entlassen». [Rudin, M.; Stutz, H.; Guggisberg, J. (2019); Anreize sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen von Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose (gemäss Vorentwurf für ein Bundesgesetz). Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht 6/19; Bundesamt für Sozialversicherungen, Bern]


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