Am 22. September 2024 entscheiden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform). Die Reform zielt darauf ab, die Finanzierung der 2. Säule zu stärken, das Leistungsniveau insgesamt zu erhalten und die Absicherung von Personen mit tiefen Einkommen sowie Teilzeitbeschäftigten zu verbessern. Gegen die Reform wurde das Referendum ergriffen.
Für viele Menschen ist die berufliche Vorsorge (2. Säule) eine wichtige Ergänzung zur AHV (1. Säule). Während ihres Berufslebens sparen sie mit ihren Lohnbeiträgen und den Beiträgen ihrer Arbeitgeber in der Pensionskasse ein Altersguthaben an. Damit wird später die Rente bezahlt. Bis zu einem bestimmten Einkommen sieht das Gesetz vor, wie viel Rente pro gesparten Franken mindestens ausbezahlt werden muss.
Wegen tiefer Erträge an den Finanzmärkten und wegen der steigenden Lebenserwartung sind die Renten im sogenannten obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge aber nicht mehr ausreichend finanziert. Davon betroffen sind insbesondere Pensionskassen, die nur das gesetzliche Minimum oder ein wenig mehr anbieten.
Hinzu kommt ein zweites Problem: Wer wenig verdient, hat später keine oder eine sehr kleine Pensionskassenrente. Darunter sind überdurchschnittlich viele Frauen, weil diese häufig Teilzeit arbeiten oder in Branchen mit tiefen Löhnen.
Die BVG-Reform sieht Massnahmen vor, mit denen die künftigen Renten sicherer finanziert werden. Zudem werden viele Geringverdienende später eine höhere Rente erhalten: Sie und ihre Arbeitgeber bezahlen dafür jeden Monat höhere Sparbeiträge als heute. Die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben eine Pensionskasse, die deutlich mehr als die gesetzlichen Mindestleistungen anbietet. In dieser Hinsicht hat die Reform auf sie wenig Auswirkungen. Die Renten von Menschen, die bereits pensioniert sind, sind von der Reform nicht betroffen.
Argumente des Bundesrats
Für Bundesrat und Parlament ist die Reform nötig, damit die künftigen Renten der obligatorischen beruflichen Vorsorge wieder ausreichend und langfristig finanziert sind. Ausserdem verbessert die Reform die Altersvorsorge von Personen mit tieferen Einkommen. Eine Mehrheit davon sind Frauen. Dank der Reform erhalten viele von ihnen eine höhere Rente aus der 2. Säule. Andere erhalten überhaupt erstmals Zugang zu einer Pensionskasse. Mit der Reform erhalten Pensionskassen, die nur die gesetzlichen Mindestleistungen oder nur wenig mehr anbieten, zudem eine solidere finanzielle Basis. Davon profitieren die Versicherten: Das Risiko sinkt, dass sie für Finanzierungslücken aufkommen müssen.
Die Massnahmen im Überblick
Die Reform geht das Finanzierungsproblem an, das durch die höhere Lebenserwartung und die tieferen Erträge auf dem Altersguthaben entsteht. Dazu wird der Umwandlungssatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent gesenkt. Dieser Prozentsatz gibt an, wie hoch später die Rente sein wird. Bei einem Altersguthaben von 100 000 Franken beträgt die jährliche Rente heute 6800 Franken. Mit der Reform würde sie noch 6000 Franken betragen.
Um eine Kürzung der künftigen Renten möglichst zu verhindern, haben Bundesrat und Parlament Ausgleichsmassnahmen beschlossen, mit denen die Senkung des Umwandlungssatzes kompensiert werden soll. Trotzdem kann die Reform in gewissen Fällen zu tieferen Renten in der obligatorischen beruflichen Vorsorge führen.
Erhöhung des versicherten Lohns
Als erste Ausgleichsmassnahme wird der versicherte Lohn in der obligatorischen beruflichen Vorsorge erhöht. In der 2. Säule ist nicht der ganze Lohn versichert, sondern es wird ein bestimmter Betrag abgezogen, der sogenannte Koordinationsabzug. Heute werden, unabhängig von Lohn und Beschäftigungsgrad, 25 725 Franken abgezogen. Dieser Koordinationsabzug wirkt sich besonders stark auf Angestellte mit geringem Einkommen aus.
Die Reform sieht vor, dass statt eines fixen Betrags künftig vom Lohn 20 Prozent abgezogen werden. Versichert sind somit neu 80 Prozent des Lohns. Damit ist insbesondere bei tiefen Einkommen ein deutlich grösserer Teil des Lohns versichert als heute, und dadurch ist später meist auch die Rente deutlich höher. Die Erhöhung des versicherten Lohns führt dazu, dass die betroffenen Arbeitnehmenden und Arbeitgeber höhere Lohnbeiträge von jährlich schätzungsweise 1,4 Milliarden Franken in die Pensionskasse einzahlen.
Rentenzuschlag für die Übergangsgeneration
Als zweite Ausgleichsmassnahme ist für die Übergangsgeneration ein Rentenzuschlag vorgesehen. Weil der versicherte Lohn erhöht wird, zahlen die betroffenen Versicherten und ihre Arbeitgeber jeden Monat höhere Lohnbeiträge in die Pensionskasse ein. Sie erhöhen so das Altersguthaben. Dieses verstärkte Sparen fürs Alter entfaltet seine Wirkung jedoch erst nach einer gewissen Zeit. Bei Personen, die in den 15 Jahren nach dem Inkrafttreten der Reform pensioniert werden, vermag das höhere Altersguthaben den tieferen Umwandlungssatz bis zur Pensionierung nicht auszugleichen. Deshalb sieht die Reform einen Rentenzuschlag vor. Die Höhe des Zuschlags hängt vom Geburtsjahr und vom angesparten Altersguthaben ab. Der Zuschlag beträgt höchstens 200 Franken pro Monat und wird lebenslang ausbezahlt. Er wird insgesamt schätzungsweise rund 800 Millionen Franken pro Jahr kosten und wird von den Pensionskassen sowie über Lohnbeiträge aller Arbeitnehmenden und Arbeitgeber finanziert.
Um die berufliche Vorsorge von Personen mit tiefen Einkommen zu verbessern, wird die Eintrittsschwelle für den Zugang zur Versicherung von 22 050 Franken auf 19 845 Franken gesenkt. So werden schätzungsweise 70 000 Personen zusätzlich in der 2. Säule und 30 000 mit einem höheren Lohn versichert sein. Diese Personen bezahlen neu obligatorisch Beiträge in die 2. Säule ein, und neu bezahlen auch ihre Arbeitgeber für sie Beiträge.
Die Erhöhung des versicherten Lohns und die Senkung der Eintrittsschwelle sind zwei Massnahmen, die auf Personen mit geringem Einkommen abzielen: Sie werden dadurch besser versichert. Sie und ihre Arbeitgeber bezahlen mehr Sparbeiträge, damit diese Personen überhaupt eine Rente oder eine höhere Rente erhalten.
Wie viel Geld monatlich in der 2. Säule angespart wird, ist nicht nur abhängig von der Lohnhöhe und von der Pensionskasse, sondern auch vom Alter der versicherten Person. Mit zunehmendem Alter steigen die Beiträge von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Ein Arbeitgeber muss für ältere Angestellte also höhere Lohnbeiträge zahlen als für jüngere. Dies kann ältere Personen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligen.
Deshalb sieht die Reform vor, den Unterschied zwischen den Beiträgen für ältere und für jüngere Arbeitnehmende zu verkleinern. Der Prozentsatz für die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen wird leicht erhöht, für die anderen Altersgruppen wird er leicht gesenkt.
Die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben eine berufliche Vorsorge, die so deutlich über die gesetzlichen Mindestleistungen hinausgeht, dass die Reform auf ihre Renten keine direkten Auswirkungen hat. Alle Arbeitnehmenden und ihre Arbeitgeber finanzieren einen Teil des Rentenzuschlags für die Übergangsgeneration.
Wer heute bereits eine Rente bezieht, ist von der Reform nicht betroffen.
Fragen und Antworten
Dokumentation
Hintergrunddokument «Was bedeutet die BVG- Reform für Teilzeitarbeitende?» (PDF, 219 kB, 21.06.2024)
Dokumente
Medienmitteilungen
02.07.2019
Kompromissvorschlag der Sozialpartner
Letzte Änderung 03.09.2024