Die Schweiz verfügt über ein solides Sozialversicherungsnetz. Die demografische Entwicklung bedingt jedoch eine Konsolidierung dieses Systems und zwar nicht nur im Bereich Alters- und Hinterlassenenversicherung (1. Säule), sondern auch in der beruflichen Vorsorge (2. Säule). Mit der Reform der beruflichen Vorsorge sollen die Renten gesichert, die Finanzierung gestärkt und die Absicherung von Teilzeitbeschäftigten – und damit insbesondere von Frauen – verbessert werden.
Die Renten der beruflichen Vorsorge sind seit Längerem unter Druck. Grund dafür sind die steigende Lebenserwartung und die tiefen Zinssätze. Nach der Ablehnung der Reform der Altersvorsorge im September 2017 ist eine Reform der beruflichen Vorsorge, insbesondere eine Senkung des Umwandlungssatzes, zur langfristigen Finanzierung der Renten unabdingbar.
In seiner Botschaft ans Parlament vom 25. November 2020 beantragt der Bundesrat, das Modell zu übernehmen, das auf seinen Wunsch von den Sozialpartnern – dem Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV), dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) und Travail.Suisse – entwickelt wurde. Dieses sieht vor, den Umwandlungssatz auf 6 Prozent zu senken. Der Mindestumwandlungssatz, mit dem das angesparte Kapital in eine Rente umgewandelt wird, liegt aktuell bei 6,8 Prozent und ist angesichts der demografischen Entwicklung und der niedrigen Zinsen zu hoch.
Einführung eines Rentenzuschlags
Die Erhaltung des Leistungsniveaus ist für den Bundesrat von zentraler Bedeutung. Um die tieferen Renten infolge der Herabsetzung des Umwandlungssatzes abzufedern, wird mit der Vorlage gleichzeitig ein Ausgleichsmechanismus eingeführt. Künftige Bezügerinnen und Bezüger von Alters- und Invalidenrenten der beruflichen Vorsorge werden einen lebenslangen monatlichen Rentenzuschlag erhalten. Für eine Übergangszeit von 15 Jahren ist dessen Höhe im Gesetz festgelegt: Der Zuschlag beträgt für die ersten fünf Neurentner-Jahrgänge nach Inkrafttreten 200 Franken pro Monat, für die weiteren fünf Jahrgänge 150 Franken und für die letzten fünf Jahrgänge 100 Franken. Danach legt der Bundesrat den Betrag jährlich neu fest. Dieser Rentenzuschlag ist unabhängig von der Höhe der Rente und wird solidarisch über einen Beitrag von 0,5 Prozent auf dem AHV-pflichtigen Jahreseinkommen bis 853 200 Franken (Stand 2020) finanziert.
Absenkung Koordinationsabzug
Um die Vorsorge von Personen mit tiefem Einkommen zu verbessern, soll mit der Vorlage zudem der Koordinationsabzug von heute 25 095 auf 12 443 Franken gesenkt werden. Dadurch wird ein höherer Lohn versichert. Versicherte mit kleineren Löhnen, darunter insbesondere Frauen und Teilzeitbeschäftigte, erhalten so eine bessere soziale Absicherung gegen Alter und Invalidität.
Anpassung Altersgutschriften
Der Entwurf sieht ausserdem vor, die Beitragsunterschiede zwischen jüngeren und älteren Versicherten zu verringern. Die Altersgutschriften werden angepasst und gegenüber heute weniger stark gestaffelt. Neu gilt im Alter von 25 bis 44 Jahren eine Altersgutschrift von 9 Prozent auf dem BVG-pflichtigen Lohn; ab 45 Jahren beträgt die Altersgutschrift 14 Prozent. Damit werden die Lohnkosten für die Älteren gesenkt. Heute liegen die Altersgutschriften für Versicherte ab 55 Jahren bei 18 Prozent.
Dokumentation
Medienmitteilungen
15.6.2022
Reform der Beruflichen Vorsorge geht auf Zusatzrunde
Der Ständerat hat einen Rückweisungsantrag angenommen und das Reformpaket erneut in die Kommission zurückgeschickt.
29.10.2021
Gezielter Ausgleich für Rentenkürzungen in der zweiten Säule (SGK-N)
Die ersten 15 Jahrgänge der Rentnerinnen und Rentnern, die von der Senkung des Umwandlungssatzes betroffen sind, sollen einen gezielten Ausgleich erhalten. Dieser Rentenzuschlag soll mit den überobligatorischen Leistungen der Pensionskasse verrechnet werden.
20.8.2021
Kommission ringt um eine tragfähige Lösung für die 2. Säule (SGK-N)
In der Reform der beruflichen Vorsorge will die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) eine ausgereifte und mehrheitsfähige Lösung vorlegen. Nachdem sie sich für ein neues Modell zur Kompensation der Rentenverluste durch die Senkung des Mindestumwandlungssatzes entschieden hatte, gab sie zusätzliche Berechnungen in Auftrag.
25.6.2021
Beratung über die BVG-Reform kommt gut voran (SGK-N)
Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) hat die BVG-Reform in einer ersten Lesung durchberaten.
5.2.2021
Reformbedarf in der 2. Säule grundsätzlich unbestritten
Die SGK-N ist einstimmig auf die vom Bundesrat vorgelegte BVG-Reform eingetreten.
2.7.2019
Kompromissvorschlag der Sozialpartner
Vorschlag des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, von Travail.Suisse und des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes zur Modernisierung der beruflichen Vorsorge (BVG)
Frühere BV-Revisionen
Letzte Änderung 16.06.2022