Seit dem 1. Juli 2005 leistet die EO auch den Erwerbsersatz bei Mutterschaft (Mutterschaftsentschädigung)

Anspruch bei Mutterschaft
Alle Frauen, die arbeiten und dafür Geld erhalten, haben grundsätzlich Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung. Eine Frau muss folgende Bedingungen erfüllen, um eine Mutterschaftsentschädigung zu erhalten:
- Die Frau muss während der 9 Monate unmittelbar vor der Niederkunft obligatorisch AHV-versichert sein. Die in einem EU- oder EFTA-Staat zurückgelegten Versicherungszeiten werden dabei uneingeschränkt berücksichtigt.
- Von diesen 9 Monaten muss die Frau mindestens 5 Monate erwerbstätig gewesen sein, unabhängig von der Höhe des Arbeitspensums.
- Zum Zeitpunkt der Geburt muss die Frau in einem gültigen Arbeitsverhältnis stehen, als Selbständigerwerbende gelten oder im Betrieb bzw. im Bauernhof des Ehemannes für einen Lohn mitarbeiten. (Nicht nötig ist dagegen, dass die Erwerbstätigkeit nach dem Mutterschaftsurlaub wieder aufgenommen wird.)
- Frauen, die weder in einem Arbeitsverhältnis stehen noch als selbstständig erwerbend gelten, können die Voraussetzungen auch erfüllen, wenn sie ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung (ALV) beziehen oder ein Taggeld der Kranken- oder oder der Unfallversicherung (KV bzw. UV), wenn diese auf einem vorangegangenen Erwerbseinkommen berechnet wurden. Auch kann eine Frau die Voraussetzungen erfüllen, wenn sie einen Anspruch auf Arbeitslosentaggelder hat, diesen aber nicht geltend macht.
Arbeitnehmerinnen, die die Voraussetzungen für die Mutterschaftsentschädigung nicht erfüllen, haben nach der Niederkunft weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlungen des Arbeitgebers nach dem Obligationenrecht.
Leistungen und Finanzierung Mutterschaftsversicherung
Die Mutterschaftsentschädigung wurde am 1. Juli 2005 auf Grund einer Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) eingeführt, nachdem das Volk in der Referendumsabstimmung vom 26. September 2004 diese Gesetzesänderung mit 55.4% Ja-Stimmen angenommen hatte.
Leistungen der Mutterschaftsversicherung
Die Mutterschaftsentschädigung wird als Taggeld ausgerichtet und beträgt 80% des vor der Niederkunft erzielten durchschnittlichen Erwerbseinkommens, höchstens aber 196 Franken pro Tag. Das maximale Taggeld wird mit einem Monatseinkommen von 7350 Franken (7350 Franken x 0.8 / 30 Tage = 196 Franken/Tag) und bei Selbständigerwerbenden mit einem Jahreseinkommen von 88 200 Franken (88 200 Franken x 0.8 / 360 Tage = 196 Franken/Tag) erreicht.
Finanzierung der Mutterschaftsentschädigung
Finanziert wird die Mutterschaftsentschädigung mit den Beiträgen an die Erwerbsersatzordnung (EO), welche zusammen mit den AHV-Beiträgen erhoben werden. Beitragspflichtig sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Selbständigerwerbende und Nichterwerbstätige. Der Beitragsatz entspricht gegenwärtig bei Erwerbstätigen 0.45 % des Bruttoverdienstes. Bei Arbeitnehmenden muss der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge übernehmen. Nichterwerbstätige beitragspflichtige Personen bezahlen zwischen 21 und 1'150 Franken pro Jahr. Die öffentliche Hand beteiligt sich nicht an der Finanzierung der Mutterschaftsentschädigung.
Das Arbeitsgesetz enthält verschiedene Schutzbestimmungen für Schwangere, Wöchnerinnen und stillende Mütter. Während der ganzen Schwangerschaft und für stillende Mütter sind gefährliche oder beschwerliche Arbeiten verboten. Kann keine gleichwertige Arbeit ohne Risiken vorgeschlagen werden, besteht Anspruch auf 80% des Lohnes. Es besteht ein Arbeitsverbot während acht Wochen nach der Niederkunft.
Das Obligationenrecht OR enthält einen Kündigungsschutz während der gesamten Dauer der Schwangerschaft und während 16 Wochen nach der Niederkunft. Seit dem 1. Juli 2005 haben Arbeitnehmerinnen Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen (Art. 329f OR).
Alle Kantone haben gemäss dem Bundesgesetz über die Schwangerschaftsberatungsstellen Beratungsstellen geschaffen oder anerkannt, die schwangeren Frauen und anderen Beteiligten unentgeltlich Rat und Hilfe gewähren.
Verschiedene Kantone kennen Bedarfsleistungen an Eltern, die analog den Ergänzungsleistungen ausgestaltet sind.
Bis ins 19. Jahrhundert gelten Mutterschaft und Familie als natürliche Risiken, die keiner sozialstaatlichen Absicherung bedürfen. Dies ändert sich nach dem Ersten Weltkrieg, als die Mutterschaftsversicherung und Familienzulagen auf die politische Agenda gesetzt werden. 1945 verankert der Souverän beide Instrumente in der Bundesverfassung. Die Umsetzung zieht sich jedoch in die Länge. Während im Fall der Familienzulagen vorerst die Kantone in die Lücke springen, verzögert sich die Realisierung der Mutterschaftsversicherung bis 2005.
- 1945: Annahme des Familienschutzartikels 1945
- 1987: Reformblockade in der Krankenversicherung nach Scheitern der Vorlage, welche eine Mutterschaftsentschädigung über die EO vorsah
- 1999: Volks-Nein zur Einführung einer Mutterschaftsversicherung
- 2004/05: Einführung der Mutterschaftsentschädigung 2004/05
- Familie und Mutterschaft (Risikogeschichte)
- Mütter, Väter und Kinder (Betroffenengruppen)
- Erwerbsersatzordnung (Institutionen)
Dokumente
Wirkungsanalyse Mutterschaftsentschädigung (PDF, 974 kB, 16.10.2012)Nach dem siebenjährigen Bestehen der Mutterschaftsentschädigung zeigt der Bericht die Wirkungen dieses jüngsten Versicherungszweiges auf Seiten der Mütter und der Arbeitgebenden auf.
Letzte Änderung 08.12.2020