Erwerbstätige Mütter haben grundsätzlich für die ersten 14 Wochen nach der Geburt des Kindes Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung.

Anspruch bei Mutterschaft
Alle Frauen, die arbeiten und dafür Geld erhalten, haben grundsätzlich Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung. Eine Frau muss folgende Bedingungen erfüllen, um eine Mutterschaftsentschädigung zu erhalten:
- Die Frau muss während der 9 Monate unmittelbar vor der Niederkunft obligatorisch AHV-versichert sein. Die in einem EU- oder EFTA-Staat zurückgelegten Versicherungszeiten werden dabei uneingeschränkt berücksichtigt.
- Von diesen 9 Monaten muss die Frau mindestens 5 Monate erwerbstätig gewesen sein, unabhängig von der Höhe des Arbeitspensums.
- Zum Zeitpunkt der Geburt muss die Frau in einem gültigen Arbeitsverhältnis stehen, als Selbständigerwerbende gelten oder im Betrieb bzw. im Bauernhof des Ehemannes für einen Lohn mitarbeiten. (Nicht nötig ist dagegen, dass die Erwerbstätigkeit nach dem Mutterschaftsurlaub wieder aufgenommen wird.)
- Frauen, die weder in einem Arbeitsverhältnis stehen noch als selbstständig erwerbend gelten, können die Voraussetzungen auch erfüllen, wenn sie ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung (ALV) beziehen oder ein Taggeld der Kranken- oder oder der Unfallversicherung (KV bzw. UV), wenn diese auf einem vorangegangenen Erwerbseinkommen berechnet wurden. Auch kann eine Frau die Voraussetzungen erfüllen, wenn sie einen Anspruch auf Arbeitslosentaggelder hat, diesen aber nicht geltend macht.
Arbeitnehmerinnen, die die Voraussetzungen für die Mutterschaftsentschädigung nicht erfüllen, haben nach der Niederkunft weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlungen des Arbeitgebers nach dem Obligationenrecht.
Leistungen und Finanzierung Mutterschaftsentschädigung
Die Mutterschaftsentschädigung wurde am 1. Juli 2005 auf Grund einer Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) eingeführt, nachdem das Volk in der Referendumsabstimmung vom 26. September 2004 diese Gesetzesänderung mit 55.4% Ja-Stimmen angenommen hatte.
Höhe der Mutterschaftsentschädigung
Die Mutterschaftsentschädigung wird als Taggeld ausgerichtet und beträgt 80% des vor der Niederkunft erzielten durchschnittlichen Erwerbseinkommens, höchstens aber 220 Franken pro Tag. Das maximale Taggeld wird mit einem Monatseinkommen von 8250 Franken (8250 Franken x 0.8 / 30 Tage = 220 Franken/Tag) und bei Selbständigerwerbenden mit einem Jahreseinkommen von 99'000 Franken (99'000 Franken x 0.8 / 360 Tage = 220 Franken/Tag) erreicht.
Finanzierung der Mutterschaftsentschädigung
Finanziert wird die Mutterschaftsentschädigung mit den Beiträgen an die Erwerbsersatzordnung (EO), welche zusammen mit den AHV-Beiträgen erhoben werden. Beitragspflichtig sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Selbständigerwerbende und Nichterwerbstätige. Der Beitragsatz entspricht gegenwärtig bei Erwerbstätigen 0.5 % des Bruttoverdienstes. Bei Arbeitnehmenden muss der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge übernehmen. Die öffentliche Hand beteiligt sich nicht an der Finanzierung der Mutterschaftsentschädigung.
Mütter, deren Kinder direkt nach der Geburt mehr als zwei Wochen im Spital verbleiben müssen, haben ab dem 1. Juli 2021 länger Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung. Bislang konnten betroffene Mütter lediglich um einen Aufschub der Mutterschaftsentschädigung ersuchen, was dazu führen konnte, dass sie zwischen Geburt und Beginn der Mutterschaftsentschädigung kein Einkommen hatten. Die Lohnfortzahlung war in solchen Fällen nämlich nicht immer gewährleistet und Mütter dürfen von Gesetzes wegen in den ersten acht Wochen nach der Niederkunft nicht arbeiten. Mit der EOG-Änderung haben betroffene Mütter, die nach dem Mutterschaftsurlaub weiter erwerbstätig sind, Anspruch auf bis zu acht zusätzliche Wochen Mutterschaftsentschädigung. Diese Verlängerung wird über die Erwerbsersatzordnung vergütet.
Das Arbeitsgesetz enthält verschiedene Schutzbestimmungen für Schwangere, Wöchnerinnen und stillende Mütter. Während der ganzen Schwangerschaft und für stillende Mütter sind gefährliche oder beschwerliche Arbeiten verboten. Kann keine gleichwertige Arbeit ohne Risiken vorgeschlagen werden, besteht Anspruch auf 80% des Lohnes. Es besteht ein Arbeitsverbot während acht Wochen nach der Niederkunft.
Das Obligationenrecht OR enthält einen Kündigungsschutz während der gesamten Dauer der Schwangerschaft und während 16 Wochen nach der Niederkunft. Seit dem 1. Juli 2005 haben Arbeitnehmerinnen Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen (Art. 329f OR).
Alle Kantone haben gemäss dem Bundesgesetz über die Schwangerschaftsberatungsstellen Beratungsstellen geschaffen oder anerkannt, die schwangeren Frauen und anderen Beteiligten unentgeltlich Rat und Hilfe gewähren.
Verschiedene Kantone kennen Bedarfsleistungen an Eltern, die analog den Ergänzungsleistungen ausgestaltet sind.
Der Tod eines Elternteils unmittelbar nach der Geburt ist für die Familie und das Neugeborene ein schwerer Schicksalsschlag. Nach einem solchen Schicksalsschlag ist das Kind besonders schutzbedürftig und sein Wohl muss Vorrang haben.
Eine Revision der Erwerbsersatzordnung (EO) ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten, so dass im Falle des Todes der Mutter kurz nach der Geburt des Kindes der überlebende Vater Anspruch auf 14 Urlaubswochen erhalten soll. Dieser Urlaub ist ab dem Folgetag des Todes der Mutter am Stück zu beziehen. Stirbt hingegen der Vater kurz nach der Geburt des Kindes, so hat die hinterbliebene Mutter zusätzlich zum 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub Anspruch auf zwei Wochen Urlaub. Diese zwei Wochen können wie der Vaterschaftsurlaub flexibel bezogen werden.
Diese Änderungen gelten auch für die Ehefrau der Mutter, sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen des Vaterschaftsurlaubs (Urlaub des andern Elternteils) erfüllt.
Bis ins 19. Jahrhundert gelten Mutterschaft und Familie als natürliche Risiken, die keiner sozialstaatlichen Absicherung bedürfen. Dies ändert sich nach dem Ersten Weltkrieg, als die Mutterschaftsversicherung und Familienzulagen auf die politische Agenda gesetzt werden. 1945 verankert der Souverän beide Instrumente in der Bundesverfassung. Die Umsetzung zieht sich jedoch in die Länge. Während im Fall der Familienzulagen vorerst die Kantone in die Lücke springen, verzögert sich die Realisierung der Mutterschaftsversicherung bis 2005.
- 1945: Annahme des Familienschutzartikels 1945
- 1987: Reformblockade in der Krankenversicherung nach Scheitern der Vorlage, welche eine Mutterschaftsentschädigung über die EO vorsah
- 1999: Volks-Nein zur Einführung einer Mutterschaftsversicherung
- 2004/05: Einführung der Mutterschaftsentschädigung 2004/05
- Familie und Mutterschaft (Risikogeschichte)
- Mütter, Väter und Kinder (Betroffenengruppen)
- Erwerbsersatzordnung (Institutionen)
Dokumente
Wirkungsanalyse Mutterschaftsentschädigung (PDF, 974 kB, 16.10.2012)Nach dem siebenjährigen Bestehen der Mutterschaftsentschädigung zeigt der Bericht die Wirkungen dieses jüngsten Versicherungszweiges auf Seiten der Mütter und der Arbeitgebenden auf.
Letzte Änderung 23.07.2024