COVID-19-Folgen aus Sicht der Invalidenversicherung (IV)

Ein Teil der COVID-19-Betroffenen leidet längere Zeit nach einer Erkrankung noch an Symptomen. Wer dadurch langfristig in der Erwerbsfähigkeit eingeschränkt zu bleiben droht oder eingeschränkt bleibt – und damit invalid im Sinne der IV wird – kann Leistungen der IV beanspruchen, in erster Linie Eingliederungsmassnahmen, aber auch Renten.

Die IV-Stellen erfassen seit dem Beginn der Pandemie im Frühling 2020 versicherte Personen, die sich bei der IV anmelden und bei denen medizinisch belegte gesundheitliche Folgen nach einer COVID-19-Erkrankung vorliegen. Die Anmeldung bei der IV kann vor der Feststellung des Zusammenhangs mit einer COVID-19-Erkrankung erfolgt sein. Die anonym erfassten Versicherten können gleichzeitig an anderen Krankheiten leiden, sodass es sich nicht unbedingt um Anmeldungen ausschliesslich wegen der Auswirkungen von Covid handeln muss. Auch handelt es sich bei den erfassten Personen nur zum Teil um Personen, die an Long Covid (Post-Covid-19-Erkrankung) erkrankt sind.

Angemeldete Versicherte mit Folgen einer COVID-19-Erkrankung

2021 wurden rund 1’800 solche Anmeldungen gezählt, 2022 rund 1'900, 2023 rund 1'300. Anmeldungsstand Mai 2024: rund 400 . Bezogen auf die Gesamtzahl der Erst- und Wiederanmeldungen (Referenzjahr 2019) betrug der Anteil der Anmeldungen mit Covid in den Jahren 2021 und 2022 je leicht über 2%. 2023 ist dieser Anteil auf unter 2% gesunken.  

Von den gemeldeten Personen erhielten (2021 und 2022 zusammengenommen) 38% im Meldungsjahr eine Leistung zugesprochen, 62% erhielten keine Leistung zugesprochen. Ein Drittel erhielt eine berufliche Eingliederungsmassnahme zugesprochen, zwischen 3% und 4% eine Rente. Aus den oben ausgeführten Gründen können die aufgeführten Anzahlen von Leistungen nicht in Bezug gesetzt werden zu Versicherten, die an Post-Covid-19 erkrankt sind: Nur ein Teil der Anmeldungen mit Covid-Zusammenhang betrifft Menschen, die tatsächlich unter Long Covid leiden.

Unter den Rentenzusprachen sind auch Erhöhungen bereits laufender IV-Renten erfasst. Wie bei jeder Rentenzusprache wird auch in den Fällen mit einer Post-Covid-19-Erkrankung ein Revisionszeitpunkt festgelegt, der der individuellen Situation der versicherten Person entspricht. Zu diesem Zeitpunkt wird überprüft, ob die gesundheitliche und erwerbsmässige Situation sich so geändert haben, dass der Rentenanspruch neu geprüft respektive dass die Rente nach unten oder nach oben angepasst werden muss.

Erwerbsfähigkeit kann in den meisten Covid-Fällen verbessert werden

Der hohe Anteil Anmeldungen, die nicht in eine Leistungszusprache münden und der hohe Anteil der Eingliederungsmassnahmen (gegenüber den Rentenzusprachen) unter den Leistungszusprachen weisen darauf hin, dass die Erwerbsfähigkeit der von der Post-Covid-19-Erkrankung betroffenen IV-Versicherten sich in sehr vielen Fällen dank guter medizinischer Betreuung und gegebenenfalls mit Unterstützung der IV bei der Eingliederung deutlich verbessert oder wiederhergestellt werden kann – so dass keine Rente notwendig ist.

Die von den IV-Stellen erfassten Frauen mit Covid-Folgen sind im Schnitt deutlich jünger als die Männer. Während bei den Frauen fast 75% unter 55 Jahre alt sind, sind es bei den Männern nur rund 60%. Dieser Geschlechtsunterschied deckt sich mit bekannten wissenschaftlichen Befunden, wonach Frauen häufiger von Folgeerkrankungen einer COVID-19-Infektion betroffen sind.

Folgen der Covid-19-Pandemie für die IV

Insgesamt lässt sich aus der Sicht der IV feststellen, dass sie die Folgen der Pandemie gut bewältigt. Gemessen am Total der Anmeldungen machen die Anmeldungen aufgrund einer Post-Covid-19-Erkrankung bei den IV-Stellen nur einen kleinen Teil aus.

Bei der Post-Covid-19-Erkrankung handelt es sich um ein neues Krankheitsbild, das zunehmend wissenschaftlich genauer definiert wird. Auch die IV «lernt laufend dazu». Jedoch sind die Symptome und ihre Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit an sich nicht neu. Die IV kann auf ihre langjährige Erfahrung, insbesondere mit schweren chronischen Erkrankungen, zurückgreifen.

Keine Diagnose an sich eröffnet einen Anspruch auf IV-Leistungen. Aufgabe der IV ist es, eine gesundheitlich bedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit festzustellen. Daraus leitet sich der allfällige Leistungsanspruch ab. Daher sind Personen mit einer Post-Covid-19-Erkrankung für die IV keine Fälle, die ein besonderes Abklärungsverfahren benötigen, sondern können mit dem bestehenden Instrumentarium aufgefangen werden.

Vertiefte Analysearbeiten

Die oben aufgeführten Erläuterungen zeigen, dass bezüglich der Anzahl von Versicherten, die effektiv unter einer Post-Covid-19-Erkrankung leiden und bezüglich der Leistungsentscheide bei diesen Personen bisher nichts Genaues und Umfassendes ausgesagt werden kann. Um den Erkenntnisstand zu verbessern, sind vertiefte Analysearbeiten im Gang. Sie erfolgen im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie. Deren Ergebnisse werden in den Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulats 21.3454  «Auswirkungen von Long Covid» einfliessen und werden voraussichtlich Ende 2024 veröffentlicht. Diese Studie ist auf die Personen fokussiert, die an Post-Covid-19 erkrankt sind und sich bei der IV angemeldet haben. Darüber hinaus werden die Leistungszusprachen der IV über einen längeren Zeitraum (2021 bis 2023) näher analysiert.

Letzte Änderung 15.07.2024

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