Versicherte mit Long-Covid in der Invalidenversicherung (IV)

Ein Teil der COVID-19-Infizierten leidet in der Folge an Long-Covid, teilweise mit schwerwiegenden Symptomen. Wer dadurch langfristig in der Erwerbsfähigkeit eingeschränkt bleibt oder zu bleiben droht – und damit invalid im Sinne der IV wird – kann Leistungen der IV beanspruchen, das heisst Eingliederungsmassnahmen und gegebenenfalls Renten. Eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Sozialversicherungen mit einer Analyse von 500 Falldossiers erlaubt es erstmals, die Auswirkungen von Long-Covid in der IV über einen längeren Zeitraum (2021 bis 2023) nachzuzeichnen und liefert aussagekräftige, wissenschaftliche Daten.

Aufgabe und Abklärungen der IV

Für die IV stellt Long-Covid ein neues, ernstzunehmendes Krankheitsbild dar, mit häufig drastischen Auswirkungen für die Betroffenen. Die Symptome und ihre Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit an sich sind nicht neu, sie liegen auch bei anderen schweren chronischen Krankheiten vor. Gemessen am Total der Anmeldungen für den Leistungsbezug bei der IV gibt es nur wenig Long-Covid-Fälle. Die Versicherung ist in der Lage, Personen mit Long-Covid im Rahmen der bestehenden Abläufe zu betreuen und ihren Leistungsanspruch abzuklären.

Den IV-Stellen stehen in den Gutachterstellen zahlreiche medizinische Fachdisziplinen zur Verfügung, um das oft vielfältige Bild der Beschwerden differenziert beurteilen zu können. Ergänzend hat die Swiss Insurance Medicine (SIM) in Zusammenarbeit mit der Universität Basel Empfehlungen zur versicherungsmedizinischen Abklärung von Long-Covid-Fällen herausgegeben, welche regelmässig aktualisiert werden.

Eine Diagnose als solche eröffnet keinen Anspruch auf IV-Leistungen. Aufgabe der IV ist es, eine gesundheitlich bedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit abzuklären. Daraus leitet sich der allfällige Leistungsanspruch ab. Die IV hat die Pflicht, alle Menschen gleich zu behandeln, unabhängig von der Krankheit oder der Beeinträchtigung. Die Abklärungen verlaufen stets individuell je nach gesundheitlicher und beruflicher Situation der versicherten Person.

Das Ziel der IV ist, dass Menschen trotz gesundheitlicher Probleme erwerbstätig sein und ein selbständiges Leben führen können. Die IV kennt eine breite Palette an unterstützenden Eingliederungsmassnahmen. Bei einem Teil der Betroffenen verändert sich das Krankheitsbild seit der Anmeldung. Einer Person mit positivem Entwicklungspotenzial kann die IV Eingliederungsmassnahmen zusprechen (auch mehrere, gleichzeitig oder im Zeitablauf). Nur wenn die Eingliederung nicht möglich ist, werden Renten ausgerichtet. Für einen Rentenanspruch muss die Arbeitsunfähigkeit während eines Jahres durchschnittlich mindestens 40% betragen haben und voraussichtlich weiterhin mindestens 40% betragen. Es kann deshalb mehrere Jahre dauern, bis eine Rente ausgerichtet wird.

Studie «Auswirkungen von Long-Covid auf die Invalidenversicherung»

Die Studie «Auswirkungen von Long-Covid auf die Invalidenversicherung» ermöglicht eine wissenschaftlich fundierte vorläufige Bilanz zur Anzahl Long-Covid-Betroffener, die sich bei der IV angemeldet haben und zu den Leistungen, die diesen Personen zugesprochen wurden. Sie dient der IV-eigenen Aufarbeitung der Pandemie-Auswirkungen und bildet auch die Grundlage für das entsprechende Kapitel im Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 21.3454 «Auswirkungen von Long Covid». Sie stützt sich auf rund 500 Dossiers von Versicherten mit Long-Covid, welche im Zeitablauf von 2021 bis 2023 analysiert wurden. Die Ergebnisse aus der Analyse wurden auf die Gesamtheit der Anmeldungen im Untersuchungszeitraum hochgerechnet. Um die Resultate für die Long-Covid-Betroffenen besser einordnen zu können, wurde eine Vergleichsgruppe aus angemeldeten Versicherten ohne Long Covid gebildet.

Betroffene beziehen vergleichsweise häufig eine IV-Rente

Bis Ende 2023 haben sich schätzungsweise 2900 Personen mit Long-Covid bei der IV angemeldet. Ab Anfang 2021 ist die Zahl der Fälle zunächst angestiegen, im Jahr 2023 aber wieder leicht gesunken. Mit 1,8 Prozent machen die Long-Covid-Fälle einen kleinen Teil aller IV-Neuanmeldungen aus.

Personen, die aufgrund von Long-Covid bei der IV angemeldet sind, weisen besonders schwere Symptome auf: In neun von zehn Fällen sind die Personen zu 100 Prozent krankgeschrieben. 85 Prozent der Personen haben Symptome wie Fatigue oder Belastungsintoleranz. Sie sind chronisch müde und sehr schnell erschöpft. 60 Prozent weisen neuro-kognitive Störungen, wie zum Beispiel Konzentrations- oder Merkfähigkeitsstörungen auf. Zwei Drittel aller Long-Covid-Betroffenen in der IV sind Frauen.

Bei rund 60 Prozent der Betroffenen zeigen sich in den ersten zwei Jahren nach der IV-Anmeldung erste Verbesserungen der Arbeitsfähigkeit. Ein erheblicher Anteil der Long-Covid-Betroffenen – insbesondere ältere Personen und Personen mit mehreren gesundheitlichen Beeinträchtigungen – ist aber auch nach zwei Jahren noch zu 100 Prozent arbeitsunfähig. Verbesserungen treten entweder rasch oder aber kaum mehr ein.

Personen mit Long-Covid haben mehr Abklärungs- und Eingliederungsmassnahmen der IV erhalten und beziehen häufiger eine Rente, als dies in der Vergleichsgruppe der Fall ist. Ende 2023 bezogen 12 Prozent der Long-Covid-Betroffenen, die sich in den Jahren 2021 und 2022 in der IV angemeldet haben, eine Rente. Zum Vergleich: In der Referenzgruppe ohne Long-Covid lag der Anteil der Rentenbeziehenden bei 9 Prozent. Der Anteil der Long-Covid-Betroffenen, die eine IV-Rente beziehen, dürfte noch ansteigen. So bezogen Ende 2023 von den Long-Covid-Betroffenen mit Anmeldejahr 2021 rund 20 Prozent eine Rente (Referenzgruppe 13%). Die Anzahl zusätzlicher Neurenten ist in Relation zu den übrigen IV-Renten (Bestand 2023: 251’000) und jährlichen Neurenten (2023: 22'300) als eher gering einzustufen.

Letzte Änderung 30.01.2025

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